Infoabend zu digitalen Medien

Informations- und Diskussionsabend zu den Gefahren der digitalen Medien

Bei einem gut besuchten Informationsabend konnten wir am CvL den Kemptener Kinder- und Jugendarzt Dr. Michael Weiß sowie den Präventionsbeauftragten der Polizei Marius Fromme begrüßen. Die Einladung richtete sich an die Eltern der 5. bis 8. Klassen sowie an alle Lehrkräfte unserer Schule.

 

Herr Dr. Weiß berichtete von den Erkenntnissen, die die Medizin nach nur ca. 13 Jahren gewonnen hat, in denen Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern von Smartphone und Co. begleitet werden. Schon im Kleinkindalter können Schäden entstehen, wenn Eltern ihren Kindern nicht mehr ihre ungeteilte Aufmerksamkeit widmen, weil sie sich gerade in der virtuellen Welt befinden. Interessant war auch zu hören, dass die von den Kinderärzten empfohlenen Zeitbeschränkungen für die verschiedenen Altersgruppen offenbar in der Realität der meisten Kinder und Jugendlichen signifikant überschritten werden. So beläuft sich die durchschnittliche Nutzungsdauer von Bildschirmmedien auf ca. 4 Stunden pro Tag, während die Empfehlung z.B. bei den 13-Jährigen bei 45 bis 60 Minuten liegt. Jugendliche sprechen von sich aus an, dass sie Probleme mit ihrer Handynutzung haben bzw. dass es ihnen schwerfällt, sich an ein Zeitlimit zu halten. 

Gesundheitliche Folgen reichen – so Dr. Weiß – von Kurzsichtigkeit, Vitamin-D-Mangel, motorischer Hyperaktivität, Konzentrationsschwäche, Unruhe und Ablenkbarkeit bis hin zu einer erhöhten Gefahr, an Depressionen zu erkranken. Diese Gefahr steigt nach bisherigen Einschätzungen um bis zu 50%!

Herr Fromme lud uns im zweiten Teil des Abends ein, uns auf die Welt der Kinder und Jugendlichen einzulassen um zu verstehen, was die Anziehungskraft von Computerspielen ausmacht und welchen Reiz das „Posten“ von persönlichen Inhalten oder kompromittierenden Bildern auf Jugendliche ausübt.

Für die meisten Anwesenden war es schockierend, auf welche Inhalte Kinder und Jugendliche heutzutage ohne Probleme zugreifen können. Was noch unberechenbarer erscheint, ist die Tatsache, dass alle diese Inhalte auch per WhatsApp verschickt werden und somit jeder damit konfrontiert werden kann, auch wenn er oder sie sich zunächst gar nicht dafür interessiert hat. Die Palette reicht von gewaltverherrlichenden Spielen über pornographische Filme bis zu rechtsradikalen Inhalten und vieles mehr.

Was das mit Kindern und Jugendlichen macht, kann bis heute nur teilweise beantwortet werden, da es noch keine Langzeiterfahrungen gibt. Bisher lässt sich jedoch schon sagen, dass es einen großen Einfluss auf das Selbstbild der jungen Menschen hat, wie sie im Netz wahrgenommen werden. Viele Freunde in sozialen Netzwerken und viele „Likes“ deuten darauf hin, gemocht zu werden. Wer auffallen möchte, muss zu immer extremeren Mitteln greifen. Außerdem berichten Jugendliche über eine große Verunsicherung, was ihre eigene Sexualität betrifft, da sie die virtuelle Welt von der Realität nur schwer unterscheiden können. Mit gewaltverherrlichenden Inhalten geht eine Verrohung der Sprache einher, die sich auch im Kontakt mit Klassenkameraden, vor allem über die sozialen Netzwerke zeigt. Wer nicht mitmacht, hat Angst, ausgegrenzt zu werden. Das ist immer wieder als Argument für die Teilnahme in einer Klassen-WhatsApp-Gruppe schon von Kindern im Grundschulalter zu hören.

Herr Fromme betonte, wie wichtig das Vorbild der Eltern ist und dass es kein Patentrezept gibt. Der richtige Weg zu einem bewussten und vorsichtigen Umgang mit den digitalen Medien führe nicht über Verbote, sondern über Gespräche mit den Kindern und Jugendlichen. Jedes Kind ist anders, weshalb der richtige Zeitpunkt für ein „eigenes“ Smartphone individuell von Eltern und Kind festgelegt werden solle. Da der Handyvertrag in der Regel auf die Eltern läuft, sollte über die Rechte und Pflichten des minderjährigen Nutzers im Detail verhandelt werden. Zu diesem Zweck stellte Herr Fromme einen Handyvertrag zur Verfügung, der hier heruntergeladen und ggf. angepasst werden kann. Dieser Vertrag erwähnt alle Gefahrenbereiche der Smartphone-Nutzung, so dass Eltern und deren Kinder wissen, worauf sie sich einlassen. Desweiteren kann hier ein Dokument mit Handyregeln sowie nützlichen Links über bedenkliche Inhalte, Bewertungen von virtuellen Spielen etc. heruntergeladen werden.

Die Wortmeldungen der anwesenden Eltern und Lehrer lassen darauf schließen, dass es noch viel Gesprächsbedarf zum Thema „Bewusster Umgang mit digitalen Medien“ gibt. So haben die Lehrkräfte zum Beispiel in der Mittelstufe damit zu kämpfen, dass das häusliche Studium darunter leidet bzw. teilweise gar nicht stattfindet, dass das Internet immer präsent ist und meist eine höhere Attraktivität besitzt als der schulische Stoff. Jugendliche brauchen heute die Unterstützung ihrer Eltern und Lehrer, damit sie die wichtigen Dinge nicht aus den Augen verlieren.

Vielen Dank den beiden Referenten für ihre eindrücklichen Schilderungen!

Tanja Neumaier

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